Die Zukunft für social Startups heißt Berlin

Dennis Hoenig-Ohnsorg von Ashoka setzt auf sektorenüberbrückendes Talent

Dennis Hoenig-Ohnsorg ist Geschäftsleiter von Ashoka, dem weltweit ersten und größten Netzwerk zur Förderung von social Entrepreneurs. Beim Startup Camp Berlin gab er einen Ausblick für Sozialunternehmertum auf die kommenden zehn Jahre. Darin stellte er Berlin als Nummer eins Standort weltweit für social Startups dar. Ich wollte mehr über diese Theorie wissen.

Dennis, warum siehst du Berlin als Hauptstadt für social Startups?

Berlin ist bereits ein europäischer Hub für Startups, hat die Infrastruktur dafür und gleichzeitig ist es eine Stadt, die sehr viel Kreativwirtschaft hat – noch. Hatte.

Hatte?

Die Lokalpolitik fördert momentan nicht unbedingt Kreativwirtschaft. Ich glaube, dass Berlin gleichzeitig als historischer Ort und als soziales Experiment eine Stadt ist, die diesen Brückenschlag gut miteinander verbinden könnte.

Schau dir Silicon Valley oder andere Startup-Hubs an, sie sind sehr stark einseitig geprägt. In Berlin gibt es sehr viel auch von der anderen Seite. Da ist das Startup eher die neue Kultur, Kreativwirtschaft und gesellschaftliche Bewegungen sind die etablierte Kultur. Deswegen glaube ich, dass die Möglichkeiten, einen Brückenschlag zwischen Kreativwirtschaft, sozialen Bewegungen und Startups zu machen, hier besonders groß sind.

Dennis Hoenig Ohnsorg, Ashoka.org

 

Siehst du das jetzt schon? Anhand von Beispielen?

Ein gutes Beispiel ist das Eckwerk mit den ehemaligen Gründern der Bar 25, dann Kater Holzig, jetzt Eckwerk und Mörchenpark. Auch das Radialsystem nebenan ist ein Beispiel für sehr interessante Ideen, Kreativwirtschaft aufs nächste Level zu bringen und sich mit allen unterschiedlichen Sektoren zu vernetzen.

Der nächste Schritt gesellschaftlich ist, dass wir das Silo-Denken abbrechen und dass wir über Sektoren hinweg anfangen zu kollaborieren. Ich könnte mir vorstellen, dass da Berlin ein guter Ort dafür sein könnte, aber da ist auch viel Hoffnung in diesen Worten (lacht).

Warum gibt es diesen Nährboden gerade hier?

Die Startup-Szene ist hergekommen, weil es ein billiger Wohnort war. Kreativwirtschaft ist hergekommen, damals, weil man hier nicht zur Bundeswehr musste, im Westen Berlins. Das heißt, es waren sehr viele kreative Menschen hier, die sich in das bestehende System oder in den normalen Prozess des Systems nicht eingliedern wollten. Sie haben hier ihren Weg gefunden – oder auch nicht (lächelt), aber sind hierhergekommen. Und ich glaube, dass davon noch etwas übrig ist.

Dennis Hoenig Ohnsorg, Ashoka.org

 

Gehört also – bis zu einem gewissen Grad – Widerstand gegen das Establishment zum social Business?

Wenn man Social Entrepreneurship konsequent denkt, dann stellt man zumindest Mantren in Frage, die man sonst vorgebetet bekommt. Das Mantra der Wachstumsgesellschaft, oder das Mantra der Rendite-Pflicht. Oder dass Lebenswege eigentlich vorgezeichnet sind. Ich glaube, es gibt mehr und mehr Menschen, die sehen, dass sie ihren Lebensweg selbst gestalten können und nicht ihren Lebenslauf optimieren müssen. Dafür ist, glaube ich, Berlin ein gutes Beispiel.

Wenn meine Freunde oder meine Eltern mich fragen, was meine Freunde machen … immer, wenn ich ihnen davon erzähle, dann kommt die nächste Frage „ja, aber kann man davon denn leben?“ Dann sag ich halt „in Berlin schon“.

Ob sie davon langfristig leben können, werden sie erst noch beweisen müssen, aber sie würden es sich an anderen Orten nicht trauen. Und deswegen glaube ich, ist Berlin ein spannender Brutkasten.

Dennis Hoenig Ohnsorg, Ashoka.org

 

Woher kommst du denn?

Aus Hessen.

Hast du so eine Art Profilbeschreibung eines social Entrepreneurs? Was muss man mitbringen?

Leidenschaft und Leidensbereitschaft. Kreativität. Und keine Angst vor der Zielgruppe. Ich kenne viele Startups, die ihr Business auf dem Reißbrett entwickeln, ohne mit der Zielgruppe zu sprechen. Genauso kenne ich soziale Unternehmer, die Lösungen entwickeln für Menschen, mit denen sie noch nie gesprochen haben. Das ist dann meistens wenig vielversprechend.

Ich glaube, die Kernkompetenz von Sozialunternehmern ist sektorenübergreifend kommunizieren und handeln zu können, sie befinden sich immer zwischen den Welten und sie sind diejenigen, die Verbindungen bauen müssen, die noch nicht gebaut sind.

Das erfordert viel … im internationalen Kontext würde man sagen „interkulturelle Kompetenz“. In dem Fall also so etwas wie eine „Intersektor-Kompetenz“.

Vielen Dank für diese aufschlussreichen Einblicke!

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